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Eine Standortbestimmung von Musik und Darstellender Kunst
Eberhard Kloke, 30.01.2005
Einleitung
Theater und Musik - als herausragende Teile in einer Kultur- und Kunstlandschaft - sind
die einzigen Medien, die nur im greifbaren Jetzt funktionieren.
Die Wirkung
von Musik und Theater besteht also vor allem im live-Erlebnis, in der
unmittelbaren Anwesenheit und sinnlich erfahrbaren Nähe
von Ausführenden und Rezipienten und dies gerade und besonders
im Zeitalter unbegrenzter, sich ständig ausweitender technischer
Reproduktionsmöglichkeiten und deren weltweiter Vermarktung.
Öffentliche Wirkung und gesellschaftliche Bedeutung von live-Musik
und Theater nehmen jedoch in gleichem Maße ab, in dem
- die inhaltlichen Prämissen nicht mehr stimmen,
- der programmatische Gegenwartsbezug abhanden gekommen
ist,
- die Vermarktung für die "Macher" attraktiver wurde
als das Schaffensmoment (mit der fatalen Konsequenz, dass vermarktete
Produkte auf Kosten von inhaltlicher Aussage für das Publikum
leichter konsumierbar gemacht werden),
- die Gesellschaft
durch den Einfluss der Medien immer manipulierbarer und abhängiger
geworden ist.
"Die Krise des Theaters...Theater ist Krise! Das ist
eigentlich die Definition von Theater - sollte es sein. Es kann nur
als Krise und in der Krise funktionieren, sonst hat es überhaupt
keinen Bezug zur Gesellschaft außerhalb des Theaters" (Heiner
Müller)
Dass Krise generell immer als Bedrohung und selten als
Chance empfunden wird, existiert als Phänomen besonders im öffentlichen Musikleben.
So lassen die Medien verlauten, die Kultur sei in der Krise, die sich
in materieller Sicherheit wähnenden Künstler meinen die finanzielle
Etat-Krise, die Politik meint die allgemeine Struktur- und Haushaltskrise
der öffentlichen Kassen....
Die Krise der Musik, die Krise der öffentlichen
Musik-Institutionen, ist eine Krise ihrer inhaltlichen Voraussetzung
und dieses muss öffentlich gemacht werden. Da diese inhaltliche
Grundlage aufgezehrt zu sein scheint, schlägt Inhalt in Repräsentation
und Unterhaltung um.
Die SZENE wird bestimmt von Wiederholungszwang
und Sucht nach Kulinarik.
Besonders das Musiktheater dient gerade noch zu Repräsentationszwecken
mit ihrer Alibi- und Amüsierfunktion für Geldgeber (Sponsoring,
Mäzenatentum, Politik) und Kunstkonsumenten. Die unausgesprochene
Allianz von sogenannten Mäzenen, Wirtschaftlern, Politikern, Musikverantwortlichen
und Publikum sorgt für den inhaltlich-programmatischen Ausverkauf
und deckt den eigentlichen Zustand der SZENE auf. Dies hat den Verfall
einer anspruchsvollen Musik-Kultur zur Folge, darüber hinaus den
Absturz in gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit.
Wie könnte die Krise des institutionellen Musiklebens produktiv
genutzt werden, um einen Dauerzustand von Reform und Entwicklung hervorzurufen?
Warum
sollte das Koordinatensytem Theater-Öffentlichkeit/Gesellschaft
generell überdacht und wie neu ausgelotet werden?
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