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Eberhard Kloke, Dobbiaco-Berlin im August (3) 2006
Orpheus als Ausgangspunkt und Orfeo Urknall
Orpheus
war der naheliegende Stoff, den sich um 1600 die neue Gattung der Oper
für ihre Selbstdefinition wählte. Das von der Florentiner
Camerata geschaffene neue Genre der Intermedien wird
von Monteverdi und Striggio gleichsam auf den Punkt neuen musikdramatischen
Ausdrucks der Zeit geführt. Monteverdis Orfeo (Mantua
1607) ist tatsächlich die erste Oper im Sinne praktischen Musizierens;
nicht nur das älteste Opernwerk, vielmehr auch das erste Musikdrama,
in dem dichterisches Wort, dramatische Aktion und musikalische Formung
sich die schöpferische Waage halten.
Wenn also der Beginn des INTER-Mediums die
Synthese von Wort, Musik und Bild, von Instrumentalem und Vokalem, von
realen und synthetischen Bildern und Klängen, von Bewegung, Tanz, Aktion meint – dann war
Monteverdis "ORFEO" der sogenannte Urknall auf dem Weg zum
heutigen Intermedium.
Medienlabor intermediumorfeus07
intermediumorfeus07 basiert
auf der Grundidee, von der Orpheus-ORFEO-Thematik und deren intermedialer
Realität von 1607 auszugehen und in einem radikalen Entwicklungsschritt
auf heutige Thematik zu übertragen und anzuwenden. Der künstlerische
Ansatz und die Arbeit im engeren Sinne machen demzufolge intermediales
Denken und Agieren erforderlich:
Es erzählt sich nichts von selbst, stellt sich nichts von selbst
dar, es kommt nichts selbst zum (Er-)klingen, ohne in einem ästhetischen
Prozess die Erzählweisen, die Formen der Darstellung, die Mittel
der Hervorbringung sowie die Frage der Auswahl und des Einsatzes der
Medien spezifisch am Sujet bestimmt zu haben. Das Sujet resp. die inhaltlich-thematische
Orientierung und Ausrichtung bedingen den inter-medialen Ansatz. Nur
so kann die Differenz zwischen Erzählen und Berechnen, zwischen
Erzählfluss und Datenstrom, zwischen Information über und
Erkenntnis für Menschen erfahren werden.
Über kunst-immanente Fragestellungen hinaus geht es um soziologische,
politische und ethische Fragestellungen im Kontext künstlerischer
und medialer Darstellung.
Intermedium ist ein Begriff, der
auf die tatsächliche
Dynamik der Medien anspielt, für die immer wieder erneute Generierung
und Disponsibilität von Formen in den gegebenen Medien. Der Mensch
als Produzent auf der einen und Rezipient auf der anderen Seite ist
mit seinem Inter-esse immer dazwischen.
Um nicht auf die jeweiligen
(Kunst-)Schubladen reduziert zu werden oder in sterilen Formen zu erstarren,
muss er sich eigentlich für
die Offenheit der Medien entscheiden. So sind es die inter-medialen
Produktions- und die inter-medialen Rezeptionsformen, die uns dialogfähig
machen/halten und in ihrer Offenheit und innewohnendem Inter-esse zu
neuen Formen führen.
Deshalb sind intermediumorfeus07 Befreiungsräume
für die Kunst-Produktion und stehen für die Möglichkeit
einer offeneren Form aktiver Rezeption.
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