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BRÜCKENSCHLÄGE DER MUSIK: REGIONALE 2004

Zukunftsmusik Beethoven - Ein Projekt mit und um Beethoven (September 2004)

   
 


Ludwig van Beethovens Kompositionen sind auf den Konzertspielplänen noch immer ein Dauerbrenner. Aber wird die sich in interpretatorische Feinheiten verlierende Aufführungspraxis der utopischen Kraft seiner Musik gerecht? Reicht es, Anknüpfungspunkte ins Hier und Jetzt zu suchen, indem man ausschließlich den jeweils aktuellsten Aufführungs- und Interpretationsstandards entsprechen will?
Zukunftsmusik Beethoven I+II will sich mit zwei Programmen dem "Phänomen Beethoven" auf neuartige Weise nähern und so seine Relevanz für gegenwärtiges Musikschaffen wieder ins Bewusstsein bringen. Dabei sollen vor allem die über das Werk hinausweisende Aspekte der Beethov`schen Musik im Mittelpunkt stehen.

Die Radikalität der musikalischen Aussage, ihre verblüffende Originalität, eine technische Souveränität sowie die qualitativen Entwicklungssprünge in der Chronologie seiner Werke haben zeitgenössische Hörer erstaunt und verstört zugleich. Selten gab es einen Komponisten, der eine derartig langwierige und intensive Auseinandersetzung der künstlerischen Nachkommenschaft mit seiner Musik herausforderte. Ein ganzes Jahrhundert stand im Bann Beethovens, schaute auf sein komplexes kompositorisches Werk auf der Suche nach der eigenen Sprache.
Denn Beethovens Schaffen war geprägt durch die andauernde, grundlegende Befragung aller Parameter musikalischen Formens. Er war es, der als erster das System Tonalität zur Vollendung führte und sogar an seine Grenzen brachte. Sein symphonisches und kammermusikalisches Werk wurde nicht nur bahnbrechend in seiner Zeit, sondern gleichfalls zum Markstein und Wendepunkt in Richtung "neuen Komponierens" und „moderner Musik“ überhaupt.
Es sollte – um Beethoven heute gerecht zu werden - eigentlich selbstverständlich sein, dass Auseinandersetzung mit Werk und Künstler die Beziehung zu Gegenwart ergründet und analysiert.

Das aktuelle Projekt Zukunftsmusik Beethoven I+II von Musikakzente 21 widmet sich der Aufgabe, die visionäre Kraft Beethovens für heutige Rezipienten wieder hörbar und vor allem relevant werden zu lassen. Der Ausnahmestellung Beethovens in der Musikgeschichte wird unter der künstlerischen Leitung Eberhard Klokes Rechnung getragen, indem die programmatische Verbindung zur Musik unserer Zeit aufgespürt, erfasst und neu formuliert wird, auch als Brückenschlag zu den theatralisch-medialen Möglichkeiten heutigen Interpretierens und Experimentierens. Gleichzeitig wird die Spannung zwischen existentiellen Krisen im persönlichen Leben Beethovens einerseits und den kraftvollen Schaffensphasen andererseits zum Thema der Aufführung - und das jenseits des ins Repertoire der musikgeschichtlichen Mythen eingegangenen Bildes vom heldenhaft durchlittenen Künstlerlebens.

Eberhard Kloke montiert Werke von Beethoven mit Musik von Arnold Schönberg und Wolfgang Rihm und wählt damit zwei Komponisten, die wie Beethoven selbst ständig auf der Suche nach der eigenen Formsprache waren bzw. sind.
Schönberg betrat zu Beginn des letzten Jahrhunderts das Neuland der freien Tonalität. Der 1952 geborene Wolfgang Rihm wandte sich gegen das determinierte Strukturdenken der seriellen Musik, das seit den 50er Jahren die neue Musik beherrschte und begab sich auf die Suche nach einer von allen formalen Zwängen befreiten Musik.
Das Schaffen aller drei ist gekennzeichnet durch einen hohen Grad an Bewusstheit und Reflexion, auch Wirkung und außermusikalische Aussage betreffend. Komponieren ist immer auch eine geistige Tätigkeit größter Intensität und Komplexität. Die eigene musikalische Tradition ist die Basis, auf der das Verhältnis von Form und Inhalt neu definiert wird. Diese Beziehung zwischen Tradition und Avantgarde, von außermusikalischen Ideen und musikalischer Form, Lebenskrisen und Schaffensprozess ist Gegenstand von Zukunftsmusik Beethoven I+II.

Für den ersten Beethoven-Abend Zukunftsmusik Beethoven: Utopie und Realität wurde als formales Prinzip das Quartett gewählt. Damit ist das Streichquartett ebenso gemeint wie das Gesangsquartett.
Programmatischen Leitfaden bilden die zentralen Arien und Ensembles aus Beethovens einziger Oper Fidelio. Diese werden mit Teilen aus Streichquartetten Rihms, dem Streichtrio Schönbergs und Texten aus den Konversationsheften Beethovens in Spannung gesetzt.
Gegenüber stehen sich die enorme Dichte und starke politisch-persönliche Aussage der Musik Beethovens, die große kommunikationsfähige Musiksprache Rihms (welcher Musik nie als ein Festgeschriebenes, sondern als ein ständiges Werden versteht) und Sprachfragmente aus dem alltäglichen Leben Beethovens. Die Konversationshefte - einzige Möglichkeit für den tauben Komponisten, sich mit der Umwelt zu verständigen - geben eindrucksvoll Auskunft über das persönliche Kommunikationsdilemma des Komponisten.

Der zweite Beethoven-Abend Zukunftsmusik Beethoven: „Muss es sein? – Es muss sein!“ befasst sich neben der weiterführenden Thematisierung des persönlichen Konflikts dramatisch zunehmender Kommunikationsunfähigkeit vor allem mit den letzten Lebensjahren, in denen Beethoven sich kompositorisch ausschließlich mit Kammermusik auseinandersetzte. Er hinterfragt in diesen Werken nochmals alle Bedingungen seiner Kunst. Mit einer Tendenz zur Dissoziation, zum Zerfall, zur Auflösung erschuf er eine Tonsprache von zeitloser Modernität.

Zusammen mit dem Wiener Medienkünstler Markus Wintersberger wird gleichzeitig nach Bildern, Räumen und einer medial-theatralischen Gestaltung gesucht.

Auch die Art der Programmentwicklung entspricht dem Leitgedanken des Projekts. Auf Material und Abfolge wurde sich verständigt. Doch künstlerischer Leiter, Medienkünstler, Musiker, Sänger und Schauspieler werden in intensiver Probenphase die Annäherung an die große künstlerische Figur Beethoven und dessen Werke gemeinsam vollziehen.

Markus Wintersberger zu Zukunftsmusik Beethoven I+II:
„Die Programmteile werden eingebettet in ein mediales Gesamtraum-Konzentrat. Die Inszenierungen finden sowohl real-echtzeitig in den vorhanden Räumen statt als auch virtuell gespiegelt und entgrenzt. Das Utopische, das im Anwesenden vorhandene Unsichtbare, wird durch die Möglichkeiten digitaler Veränderungs- und Erweiterungseinblicke aufgespürt werden. Die einzelnen Aufführungselemente Klang, Sprache, Bewegung, Rhythmus, sollen durch das Hinzufügen digitaler Gedächtnis- und Erinnerungsträger begleitet und zu einer Gesamterscheinung verwoben werden.“

Konzeption und
künstlerische Gesamtleitung:
  Eberhard Kloke
Bild, Videoinstallation:   Markus Wintersberger
Darsteller:   Nicola Thomas, Peter Schröder, Annette Robbert, Richard Salter, Christian Specht, Auke Kempkes, Ansgar Eimann u.a.
mit dem ATHENA QUARTETT, TRIO QUODLIBET, ensemble musikakzente 21
Produktionsleitung:   Christian Saalfrank


Aufführungen


Zukunftsmusik Beethoven I - „Utopie und Realität“
09. und 11.09.2004    Oelde, Kulturgut Haus Nottbeck
20:00h - 22:00h

Zukunftsmusik Beethoven II – „Muß es sein? – Es muß sein!“
10. und 12.09.2004    Wadersloh, Museum Abtei Liesborn
20:00h - 23:00h

Werkstatt Zukunftsmusik Beethoven

20.08. - 30.08.2004     Offene Proben (nach Vereinbarung)
    Kontakt: REGIONALE
Hotline: 0 18 05 – 93 2004
www. regionale2004.de
   
   


 

 
           
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