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Ludwig van Beethovens Kompositionen sind auf den Konzertspielplänen
noch immer ein Dauerbrenner. Aber wird die sich in interpretatorische
Feinheiten verlierende Aufführungspraxis der utopischen Kraft seiner
Musik gerecht? Reicht es, Anknüpfungspunkte ins Hier und Jetzt
zu suchen, indem man ausschließlich den jeweils aktuellsten Aufführungs-
und Interpretationsstandards entsprechen will?
Zukunftsmusik Beethoven I+II will sich mit zwei Programmen dem "Phänomen
Beethoven" auf neuartige Weise nähern und so seine Relevanz
für gegenwärtiges Musikschaffen wieder ins Bewusstsein bringen.
Dabei sollen vor allem die über das Werk hinausweisende Aspekte
der Beethov`schen Musik im Mittelpunkt stehen.
Die Radikalität der musikalischen Aussage, ihre verblüffende
Originalität, eine technische Souveränität sowie die
qualitativen Entwicklungssprünge in der Chronologie seiner Werke
haben zeitgenössische Hörer erstaunt und verstört zugleich.
Selten gab es einen Komponisten, der eine derartig langwierige und intensive
Auseinandersetzung der künstlerischen Nachkommenschaft mit seiner
Musik herausforderte. Ein ganzes Jahrhundert stand im Bann Beethovens,
schaute auf sein komplexes kompositorisches Werk auf der Suche nach
der eigenen Sprache.
Denn Beethovens Schaffen war geprägt durch die andauernde, grundlegende
Befragung aller Parameter musikalischen Formens. Er war es, der als
erster das System Tonalität zur Vollendung führte und sogar
an seine Grenzen brachte. Sein symphonisches und kammermusikalisches
Werk wurde nicht nur bahnbrechend in seiner Zeit, sondern gleichfalls
zum Markstein und Wendepunkt in Richtung "neuen Komponierens"
und „moderner Musik“ überhaupt.
Es sollte – um Beethoven heute gerecht zu werden - eigentlich
selbstverständlich sein, dass Auseinandersetzung mit Werk und Künstler
die Beziehung zu Gegenwart ergründet und analysiert.
Das aktuelle Projekt Zukunftsmusik Beethoven I+II von
Musikakzente 21 widmet sich der Aufgabe, die visionäre Kraft Beethovens
für heutige Rezipienten wieder hörbar und vor allem relevant
werden zu lassen. Der Ausnahmestellung Beethovens in der Musikgeschichte
wird unter der künstlerischen Leitung Eberhard Klokes Rechnung
getragen, indem die programmatische Verbindung zur Musik unserer Zeit
aufgespürt, erfasst und neu formuliert wird, auch als Brückenschlag
zu den theatralisch-medialen Möglichkeiten heutigen Interpretierens
und Experimentierens. Gleichzeitig wird die Spannung zwischen existentiellen
Krisen im persönlichen Leben
Beethovens einerseits und den kraftvollen Schaffensphasen andererseits
zum Thema der Aufführung - und das jenseits des ins Repertoire
der musikgeschichtlichen Mythen eingegangenen Bildes vom heldenhaft
durchlittenen Künstlerlebens.
Eberhard Kloke montiert Werke von Beethoven mit Musik von Arnold Schönberg
und Wolfgang Rihm und wählt damit zwei Komponisten, die wie Beethoven
selbst ständig auf der Suche nach der eigenen Formsprache waren
bzw. sind.
Schönberg betrat zu Beginn des letzten Jahrhunderts das Neuland
der freien Tonalität. Der 1952 geborene Wolfgang Rihm wandte sich
gegen das determinierte Strukturdenken der seriellen Musik, das seit
den 50er Jahren die neue Musik beherrschte und begab sich auf die Suche
nach einer von allen formalen Zwängen befreiten Musik.
Das Schaffen aller drei ist gekennzeichnet durch einen hohen Grad an
Bewusstheit und Reflexion, auch Wirkung und außermusikalische
Aussage betreffend. Komponieren ist immer auch eine geistige Tätigkeit
größter Intensität und Komplexität. Die eigene
musikalische Tradition ist die Basis, auf der das Verhältnis von
Form und Inhalt neu definiert wird. Diese Beziehung zwischen Tradition
und Avantgarde, von außermusikalischen Ideen und musikalischer
Form, Lebenskrisen und Schaffensprozess ist Gegenstand von Zukunftsmusik
Beethoven I+II.
Für den ersten Beethoven-Abend Zukunftsmusik
Beethoven: Utopie und Realität wurde als formales Prinzip
das Quartett gewählt. Damit ist das Streichquartett ebenso gemeint
wie das Gesangsquartett.
Programmatischen Leitfaden bilden die zentralen Arien und Ensembles
aus Beethovens einziger Oper Fidelio. Diese werden mit Teilen
aus Streichquartetten Rihms, dem Streichtrio Schönbergs und Texten
aus den Konversationsheften Beethovens in Spannung gesetzt.
Gegenüber stehen sich die enorme Dichte und starke politisch-persönliche
Aussage der Musik Beethovens, die große kommunikationsfähige
Musiksprache Rihms (welcher Musik nie als ein Festgeschriebenes, sondern
als ein ständiges Werden versteht) und Sprachfragmente aus dem
alltäglichen Leben Beethovens. Die Konversationshefte - einzige
Möglichkeit für den tauben Komponisten, sich mit der Umwelt
zu verständigen - geben eindrucksvoll Auskunft über das persönliche
Kommunikationsdilemma des Komponisten.
Der zweite Beethoven-Abend Zukunftsmusik Beethoven:
„Muss es sein? – Es muss sein!“ befasst sich
neben der weiterführenden Thematisierung des persönlichen
Konflikts dramatisch zunehmender Kommunikationsunfähigkeit vor
allem mit den letzten Lebensjahren, in denen Beethoven sich kompositorisch
ausschließlich mit Kammermusik auseinandersetzte. Er hinterfragt
in diesen Werken nochmals alle Bedingungen seiner Kunst. Mit einer Tendenz
zur Dissoziation, zum Zerfall, zur Auflösung erschuf er eine Tonsprache
von zeitloser Modernität.
Zusammen mit dem Wiener Medienkünstler Markus Wintersberger wird
gleichzeitig nach Bildern, Räumen und einer medial-theatralischen
Gestaltung gesucht.
Auch die Art der Programmentwicklung entspricht dem Leitgedanken des
Projekts. Auf Material und Abfolge wurde sich verständigt. Doch
künstlerischer Leiter, Medienkünstler, Musiker, Sänger
und Schauspieler werden in intensiver Probenphase die Annäherung
an die große künstlerische Figur Beethoven und dessen Werke
gemeinsam vollziehen.
Markus Wintersberger zu Zukunftsmusik Beethoven I+II:
„Die Programmteile werden eingebettet in ein mediales Gesamtraum-Konzentrat.
Die Inszenierungen finden sowohl real-echtzeitig in den vorhanden Räumen
statt als auch virtuell gespiegelt und entgrenzt. Das Utopische, das
im Anwesenden vorhandene Unsichtbare, wird durch die Möglichkeiten
digitaler Veränderungs- und Erweiterungseinblicke aufgespürt
werden. Die einzelnen Aufführungselemente Klang, Sprache, Bewegung,
Rhythmus, sollen durch das Hinzufügen digitaler Gedächtnis-
und Erinnerungsträger begleitet und zu einer Gesamterscheinung
verwoben werden.“
Konzeption und
künstlerische Gesamtleitung: |
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Eberhard Kloke |
Bild, Videoinstallation: |
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Markus Wintersberger |
Darsteller: |
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Nicola Thomas, Peter Schröder, Annette Robbert, Richard Salter,
Christian Specht, Auke Kempkes, Ansgar Eimann u.a.
mit dem ATHENA QUARTETT, TRIO QUODLIBET, ensemble musikakzente 21 |
Produktionsleitung: |
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Christian Saalfrank |
Aufführungen
Zukunftsmusik Beethoven I - „Utopie und Realität“
09. und 11.09.2004 Oelde, Kulturgut Haus Nottbeck
20:00h - 22:00h
Zukunftsmusik Beethoven II – „Muß es sein? –
Es muß sein!“
10. und 12.09.2004 Wadersloh, Museum Abtei Liesborn
20:00h - 23:00h
Werkstatt Zukunftsmusik Beethoven
20.08. - 30.08.2004 |
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Offene Proben (nach Vereinbarung) |
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Kontakt: REGIONALE
Hotline: 0 18 05 – 93 2004
www. regionale2004.de |
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